Geistliches Wort Mai-Juni

Grafik Homepage Geistliches WortOrientiert euch nicht am Verhalten und an den Gewohnheiten dieser Welt, sondern lasst euch von Gott durch Veränderung eurer Denkweise in neue Menschen verwandeln. Römer 12,2

Liebe Gemeindeglieder, liebe Freunde,

es war einmal eine Spinne, die großen Hunger hatte. Sie fand keine Nahrung. Sie besann sich einer Kunst und Gabe, die sie von ihrem Schöpfer bekommen hatte. Sie ließ aus ihrem Körper einen Faden fließen. Den band sie oben fest, ließ sich daran hinunterfallen und baute ihr Netz.

So spann sie mit ihrem eigenen Faden ihr Werk, in die Mitte ausgerichtet, nach den Seiten verwoben. Eine Pracht war es, ihr Kunstwerk anzusehen. Und sie mochte selbst darauf stolz gewesen sein, so kräftig war es. Und als am Morgen der Tau sich sanft daran setzte, glänzte es wie ein Kristall in der aufgehenden Sonne.

Auch Hunger brauchte sie nicht mehr zu haben. Fliegen, Mücken, Insekten aller Art verfingen sich im Netz. Und sie hatte Nahrung im Vorrat.

Nur eines störte sie, als sie sich immer wieder an ihrem Kunstwerk erfreute: der Faden von oben nach unten. War der noch nötig? Bisher hatte ihr dieser Faden keine einzige Fliege eingebracht. Da biss sie ihn kurzerhand ab. Doch zu ihrem Entsetzen: Das Netz fiel in sich zusammen. Und sie mittendrin. Ihr Werk war zerstört. Und nur, weil sie eines vergessen hatte: die Bedeutung des Fadens nach oben, der ihr Halt gab.

Diese kleine Geschichte aus einer Predigt der letzten Wochen beschreibt ein Problem des gegenwärtigen Christentums: Auch wir bauen uns ein schönes Netz, ein schönes Leben. Und wir vergessen dabei, woran unser Lebensnetz in Wirklichkeit hängt, wer unser Lebensfaden ist, wer uns auffangen kann, wenn unser Lebensnetz in sich zusammenfällt. Wir denken: Gott ist sicher ein netter Kerl, aber seine Nähe brauche ich nicht.

Weil wir Christen den Faden nach oben verachten, weil wir immer seltener den Halt von oben haben wollen, deshalb wird auch unser Glaube immer schwächer – und trägt im Ernstfall nicht mehr.

Die gute Nachricht ist: Bald, an Pfingsten, kommt der Heilige Geist, der uns diesen Faden wieder neu spinnen hilft. Er gibt uns neuen Glaubensmut – und das tut er nun mal ganz besonders im gemeinsamen Bibellesen, Beten und Singen, sprich: Im Gottesdienst!

Einen gesegneten Frühling wünscht

Ihr Pfarrer Johannes Heicke

Geistliches Wort März-April 2016

Grafik Homepage Geistliches WortGott spricht: Ich will dich trösten, wie einen seine Mutter tröstet. Jesaja 66,13

Liebe Gemeindeglieder, liebe Freunde,

ein markerschütternder Schrei gellt durch das Treppenhaus. Gleich darauf lautes Weinen. Und natürlich der unvermeidliche Ruf: „Mama, Aua!“ Unsere Jüngste hat sich den Finger geklemmt. Und da kann Papa noch so nah daneben stehen und fragen: „Soll ich pusten?“ Da kann dann doch nur eine trösten: Die Mama!

Dass das so ist, weiß auch die Jahreslosung dieses neuen Jahres aus Jesaja 66,13:

Wir kennen sonst vor allem die Bibelstellen, die von Gott als dem Vater reden. Auch das ist ja schon was Wunderbares, das es in der Form nur in Christentum und Judentum gibt: Gott will uns so nah sein, dass wir ihn Vater nennen dürfen.

Was aber, wenn ich keinen guten Vater hatte? Wenn ich vielleicht sogar von ihm geschlagen worden bin? Macht das nicht auch mein Bild von Gott kaputt?

Deshalb stellt Gott dem Vaterbild noch eine Reihe andere Bilder zur Seite, unter anderem das der liebenden Mutter. Weil er weiß: Es gibt Situationen, da kann eben nur die Mutter trösten. Und so gibt es Situationen, da kann nur noch Gott trösten – zum Beispiel dann, wenn die Mutter grade nicht erreichbar oder vielleicht auch schon gestorben ist.

Aber wie geht das: Gott tröstet? Indem er uns gut zuredet, wie das eine Mutter tut. Nämlich jeden Sonntag Morgen im Gottesdienst. Und wann immer ich meine Bibel aus dem Schrank nehme, den Staub runter puste und sie tatsächlich mal wieder lese.

Und indem er uns zuhört, wie das eine Mutter tut. Im Gebet hat er immer ein offenes Ohr. Und wer lieber ein direktes Gegenüber hat, dem hört er auch in Form eines Seelsorgers oder eines anderen Christen zu.

Und natürlich, indem er uns in den Arm nimmt, wie einen seine Mutter in den Arm nimmt. Das tut er durch Schwestern und Brüder im Glauben, die mich einfach mal kräftig drücken, wenn’s mir schlecht geht. Und einen Ort gibt’s, an dem er uns ganz persönlich „in den Arm nimmt“: Im Heiligen Abendmahl. Da kommt Jesus ganz leibhaftig zu uns. Er nimmt uns in den Arm und verzeiht uns alles, was in unserem Leben schief gelaufen ist. Und schließlich im Segen, da breitet er im Himmel seine Arme aus (der Pastor macht das nur nach) und stärkt uns neu für alles, was im Lauf der Woche auf uns zukommt.

Eine gesegnete Passions- und Osterzeit wünscht

Ihr Pfarrer Johannes Heicke

Geistliches Wort Dezember 2015 – Januar 2016

Als die Weisen weggezogen waren, siehe, da erschien der Engel des Herrn dem Josef im Traum und sprach: Steh auf, nimm das Kindlein und seine Mutter mit dir und flieh nach Ägypten. Matthäus 2,13

 
Grafik Homepage Geistliches WortLiebe Gemeindeglieder, liebe Freunde,
wenn ich in den letzten Wochen und Monaten so an meinem Schreibtisch sitze und überlege, wie die biblische Botschaft in Predigten und Andachten in die aktuelle Zeit sprechen will, kommt mir immer wieder die Flüchtlingsfrage in den Sinn. Auch im Bezug auf das Weihnachtsfest reisen meine Gedanken zu diesem Kind, das an Weihnachten auf Wanderschaft in einer Futterkrippe Unterkunft findet – und das schon kürzeste Zeit später selbst zum Asylsuchenden im fernen Ägypten wird.
Nun ist es auf einer Seite im Gemeindebrief nicht möglich, diese komplexe Frage zu erörtern, wie der Staat bei der Aufnahme von Flüchtlingen verfahren sollte. Und das ist auch gar nicht meine Aufgabe. Aber wie aus biblischer Sicht mit den Menschen umzugehen ist, die schon da sind, dazu können wir Christen schon so manches in der Bibel finden.
Erstmal glaube ich gilt es ernst zu nehmen, dass bei der Begegnung mit dem Fremden immer auch Angst mitschwingt. Gerade nach solchen Anschlägen wie denen in Paris und in Mali – obwohl diese Täter gerade keine Flüchtlinge waren, sondern im Fall von Paris französische und belgische Staatsbürger. Angst vor dem Fremden ist normal. Bloß: Wie gehe ich mit dieser Angst um? Lasse ich mich davon gefangen nehmen?
Jesus mutet uns zu, uns von dieser Angst zu befreien – indem wir sie überwinden und auf Menschen anderer Nationalitäten zuzugehen. Vielleicht genau deshalb, weil er selber als Kind die Erfahrung der Flucht gemacht hat. Er identifiziert sich selbst mit den Fremden (Matthäus 25,37-40): Was Ihr einem dieser Fremden getan habt, das habt Ihr mir getan.
Vielleicht ist es ja gerade in der Weihnachtszeit einen Versuch wert, zum Beispiel mal im geschützten Rahmen beim Treff International in unseren Gemeinderäumen dabei zu sein oder an anderer Stelle das Gespräch zu suchen.
Eine gesegnete Advents-und Weihnachtszeit wünscht, auch im Namen des übrigen Redaktionsteams,
Ihr Pfarrer Johannes Heicke

Geistliches Wort Oktober-November 2015

Bild ReineckeLiebe Gemeindeglieder unserer Gemeinden,
liebe Freunde,

zum ersten Mal darf ich Ihnen schreiben. Ich freue mich darüber, auch wenn es immer heißt: Aller Anfang ist schwer.
Das erlebe ich oft so: Ein Anfang oder auch ein Neuanfang, die sind schwer. Vieles muss sich neu sortieren und das was sich an alter Stelle schon zu einer Gewohnheit entwickelt hat und leicht von der Hand geht, ist auf einmal mühsam und braucht viel Zeit und gründliches Nachdenken.

Jedem (Neu-)Anfangen wohnt aber auch große Chance inne. Ende Oktober vor nun 498 Jahren, da gab es so einen Neuanfang, der viele Möglichkeiten und Chancen beinhaltete. Am 31. Oktober 1517 schlug Martin Luther seine 95 Thesen an die Tür der Schlosskirche in Wittenberg. Kern dieser Thesen war Luthers Überzeugung, dass seine geliebte Kirche auf Abwegen sei und wieder auf den richtigen Kurs gebracht werden müsse. Er wollte einen Gesprächsgang ‚anzetteln‘ um die gängige Praxis der  Sündenvergebung mitsamt Ablasshandel abzuschaffen.

Luthers Überzeugung fußt auf einer der Grundfesten der biblischen  Überlieferung, die auch wir uns immer wieder neu sagen lassen
müssen, weil sie unserem sonstigen Leben und Erleben in unserer Welt so entgegengesetzt zu sein scheint. Oft wird der Wert unseres
Lebens doch darüber bestimmt, was wir leisten, was wir verdienen, und auch darüber, was wir uns leisten können. Zu Gott dürfen wir aber mit allem kommen, was uns ausmacht, und das sind auch und vor allem unsere schwachen Eigenschaften und Momente und unser Scheitern. Vor Gott müssen wir nichts leisten, ihm müssen wir auch nicht vorweisen, was wir uns leisten können. Wir sind vor ihm „ohne Verdienst gerecht aus seiner Gnade durch die Erlösung, die durch Christus Jesus geschehen ist“, wie Paulus an die Gemeinde in Rom schreibt.

Diese Worte zugesagt zu bekommen, ist für mich immer wieder wie ein Neuanfang. Diese Zusage holt mich aus meinem menschlichen Leistungsdenken und gibt mir die Freiheit, mein Leben als Geschenk Gottes zu leben. Diese Freiheit zu erleben, ist immer wieder eine große Freude.

Diese Freude wünsche ich auch Ihnen und grüße Sie im Namen aller Redakteure und der beiden Pastoren,
Ihr Vikar Florian Reinecke

Geistliches Wort September-Oktober

Bild Bernd ReitmayerLiebe Gemeindeglieder in Johannesgemeinde und Bethlehemsgemeinde,
in Dreieinigkeitsgemeinde und Petrusgemeinde,
liebe Freunde,

„Danket dem Herrn, denn er ist freundlich und seine Güte währet ewiglich.“ Oft spreche ich nach dem Essen dieses Dankgebet. Angesichts der Trockenheit im Frühsommer und der Regenmassen der vergangenen Tage hat mancher Bauer wohl eher die zu erwartenden Ernteausfälle vor Augen als Worte des Gotteslobes auf den Lippen.
Als ich den Satz auf dem Titelbild gelesen habe „Die Zeit ist reif. Gott möchte, dass wir ernten und danken,“ ist mir trotz des Getreides eine ganz andere Ernte in den Sinn gekommen – die Ernte des Lebens nämlich. „Danket dem Herrn, denn er ist freundlich und seine Güte währet ewiglich.“ Das kann ich sagen nicht nur angesichts des Essens auf meinem Teller, sondern angesichts so
vieler Dinge, mit denen Gott mich gesegnet hat: meinen Begabungen, den Möglichkeiten, diese Begabungen zu leben, die Menschen um mich herum, die mein Leben bereichern, manchmal mit ungetrübter Freude, manchmal mit Herausforderungen, die es zu bestehen gilt.
So möchte ich meinen ganz persönlichen Dankpsalm schreiben und damit zum Mitdanken einladen: „Danket dem Herrn, denn
er ist freundlich und seine Güte währet ewiglich.
Die, die täglich genug zu essen haben und keinen Mangel leiden, die, die erschöpft waren von Wochen und Monaten anstrengenden Tuns und dann Tage der Ruhe und Erholung hatten,
die, die wissen, was Einsamkeit ist und doch Menschen fanden, die sich kümmern –
sie sollen dem HERRN danken für seine Güte und für seine Wunder, die er an den Menschenkindern tut.
Die, die in ihren Heimatländern in Angst und Schrecken waren und nun hier in Frieden leben können,
die, die auf der Flucht voneinander getrennt wurden und einander glücklich wiederfanden,
sie sollen dem HERRN danken für seine Güte und für seine Wunder, die er an den Menschenkindern tut.
Die, die entdeckten, wie die alltägliche Gottlosigkeit auch ihr Leben prägte und doch hören durften: ‚Dir sind deine Sünden vergeben‘,
die sollen dem HERRN danken für seine Güte und für seine Wunder, die er an den Menschenkindern tut.“
Ich „ernte“ und danke und grüße Sie.
Ihr Bernd Reitmayer