Geistliches Wort Juli 2023


Dafür sein

Liebe Gemeindeglieder,
liebe Freundinnen und Freunde,

ich bin dafür. Sie auch? Wofür sind Sie? Als ich diese Worte schreibe, geht gerade durch die Medien, dass die AfD in jüngsten Umfragen bei 18% Wählerzustimmung gelandet ist. Das sei nur der Anfang, twitterte die Co-Chefin der Partei. Außerdem gab sie für den Fall einer Regierungsbeteiligung ein Versprechen ab. Ihre Partei werde „die grünen Wahnsinnsgesetze“ wieder zurücknehmen. Offensichtlich reicht es ihr, in einer Zeit, in der aus den Veränderungen des Klimas und den Belastungen der Weltpolitik ganz konkrete Veränderungen und Belastungen für jeden von uns werden, gegen diese Veränderungen zu sein und zu behaupten, Belastungen seien nicht nötig.

Ich bin lieber dafür als dagegen. Auch finde ich es anstrengend, mit Menschen umzugehen, die immer dagegen sind, bei denen ich aber nicht ausmachen kann, wofür sie einstehen.

Ich bin dafür. Ich bin dafür, dass es nicht nur gerecht unter uns zugeht, sondern dass man auf der einen Seite auch erleben darf, mehr zu bekommen, als man verdient hat, und auf der anderen Seite Vergebung zugesagt bekommt, wo Schaden angerichtet wurde.

Ich bin dafür. Ich bin dafür, dass die, die mit guten Ideen ihre Umgebung, ihr Land und vielleicht sogar diese Welt zu einem besseren Ort machen, Wertschätzung erfahren. Ich bin dafür, dass die, die tagein und tagaus ganz schlicht ihre Arbeit tun, anderen hin und wieder so in den Blick kommen, dass sichtbar wird, welchen Beitrag sie dafür leisten, dass das Leben läuft.

Ich bin dafür, dass Kinder die Zuwendung und Ermutigung bekommen, die ihnen hilft, ihre Begabungen zu entdecken und auszubauen und das Durchhaltevermögen zu entwickeln, das für die vor ihnen liegenden Herausforderungen nötig ist.

Ich bin dafür, dass die, die mit sich selbst und den Beschädigungen, die das Leben ihnen zugefügt hat, nicht mehr zurecht kommen, die Unterstützung erfahren, die sie brauchen, um trotz allem fröhliche Menschen sein zu können.

Ich bin dafür, dass jeder die Möglichkeit erhält, die Liebe Gottes zu entdecken und so den Himmel offen zu sehen. Und ich bin dafür, dass die, die die Hände für andere falten und für sie beten, darin nicht nachlassen.

Ich bin dafür. Und ich erwarte nicht, dass jemand anders umsetzt, was mir wichtig ist. An meinem Ort tue ich, was mir möglich ist, und freue mich, wenn andere, sei es an ihren Ort, sei es mit mir gemeinsam sich dafür einsetzen.

Ich bin dafür. Sie auch? Wofür sind Sie? Mögen Sie das entweder neu entdecken, oder sich dessen wieder gewiss werden.

Dazu wünsche Ihnen Gottes Segen.

Bernd Reitmayer, Superintendent

Geistliches Wort April 2023

Liebe Gemeindeglieder,
liebe Freundinnen und Freunde,

„Bin gleich wieder da“ stand an der Tür des kleinen Ladens, an dem meine Frau und ich vor kurzem im Urlaub vorbeigekommen sind. Vielleicht haben Sie Ähnliches auch schon gelesen. Wir haben uns die liebevoll zusammengestellten Auslagen in den Schaufenstern angesehen. Und wirklich: Da war er schon. Offensichtlich hatte der Ladenbesitzer in einem der benachbarten Geschäfte selbst etwas kaufen müssen.
„Bin gleich wieder da“ – so habe ich es vor kurzem auf einem Foto auf einem Grabstein gelesen. Das fand ich zuerst merkwürdig. Es hat mich aber nicht losgelassen. Die ungewöhnliche Inschrift regt mich zum Nachdenken an. Es muss wohl der Verstorbene selbst gewesen sein, der wollte, dass Friedhofsbesucher diese Worte auf seinem Grab lesen. Er gibt damit über seinen Tod hinaus etwas von der „Hoffnung einer fröhlichen Auferstehung“ weiter, mit der er selbst wohl erst gelebt hat und dann auch gestorben ist.
In der kommenden Woche werden in vielen Kirchengemeinden wieder die Berichte vom Sterben und Auferstehen von Jesus öffentlich vorgelesen. Einer dieser Berichte beginnt damit, dass Jesus einen, der verstorben ist und schon einige Tage begraben liegt, wieder ins Leben zurückruft. „Lazarus, komm heraus!“ ruft er in das Felsengrab, dessen Eingang er hat öffnen lassen.
Ich habe keine Ahnung, wie es zugegangen sein soll, dass der Verstorbene, von diesem Ruf bewegt, wirklich aufsteht und das Grab verlässt. Ich weiß aber, dass Jesus, nachdem er am Kreuz gestorben und selbst in ein Felsengrab gelegt worden war, nicht in diesem Grab geblieben ist und seinen Freunden versprochen hat, dass auch sie nicht in ihren Gräbern bleiben werden. Auch hier habe ich wieder keine Ahnung, wie das zugehen wird. Ich stelle es mir aber so vor wie ganz am Anfang, als Gott sagte: „Es werde Licht!“ und es wurde Licht. Ich stelle mir vor, dass Jesus mit der gleichen Kraft sagt: „Bernd, komm heraus!“ Und dann werde ich da sein – erkennbar ich und doch auch nicht einfach der, der ich war, erkennbar ich, doch ohne den Verfall, der mich mein ganzes Leben begleitet hat.
Ich stelle mir vor, wie es sein wird, wenn es mit mir zu Ende ist. Wünschen würde ich mir, dass die, die mich zu Grabe tragen, das in der „Hoffnung einer fröhlichen Auferstehung“ tun. Ich hätte auch gar nichts dagegen, wenn sie sich mit einem letzten „Tschüss“ von mir verabschieden, dieser norddeutschen Fassung von „Adieu“ oder „Adios“. Das heißt ja übersetzt „Zu Gott“ oder „Gott befohlen“. Man wünscht damit dem, der weggeht, dass Gott bei ihm ist und er bei Gott – und dass das bei der Auferstehung ein für allemal sichtbar wird.
„Bin gleich wieder da.“ Das soll bitte nicht auf meinem Grabstein stehen, sondern ein Hinweis auf eine Stelle in der Bibel über die „Hoffnung einer fröhlichen Auferstehung“. Dort heißt es: „Ich bin gewiss, dass weder Tod noch Leben, weder Engel noch Mächte noch Gewalten, weder Gegenwärtiges noch Zukünftiges, weder Hohes noch Tiefes noch irgendeine andere Kreatur uns scheiden kann von der Liebe Gottes, die in Christus Jesus ist, unserm Herrn.“
Diese Gewissheit wünsche ich Ihnen auch.

Bernd Reitmayer

Geistliches Wort Februar 2023

Liebe Gemeindeglieder,
liebe Freundinnen und Freunde,
„Es ist ein bisschen wie Ostern,“ sagte die Politikerin Marie-Agnes Strack-Zimmermann Mitte Januar. „Wir warten bis das Küken schlüpft.“ Sie war zuvor nach der in dieser Zeit viel diskutierten Nachfolge der zurückgtretenen Verteidigungsministerin gefragt worden.
Ich weiß nicht, ob die Vorsitzende des Verteidigungsausschusses gedanklich die Ostereier und das weihnachtliche Warten auf das Christkind durcheinander gebracht hatte, oder ob sie das Schlüpfen eines Kükens als Sinnbild für das Wunder der Auferstehung Jesu von den Toten ansieht.
Ich jedenfalls kenne seit Kindertagen Ostereier, die nicht nur mit Ornamenten bemalt sind, sondern Botschaften tragen. „Jesus lebt!“ steht auf dem einen, „Halleluja!“ auf einem anderen. Ein drittes wieder trägt ein Kreuz. Besonders eindrücklich finde ich Ostereier wie das auf der Titelseite, mit dem Bild des Lammes mit der Siegesfahne, das Jesus Christus, das Lamm Gottes, als Sieger über Sünde, Tod und Teufel darstellt.

Foto: Stephanie Hofschlaeger auf pixelio.de

„Es war ein wunderlich Krieg,“ dichtet Martin Luther in einem Osterlied, „da Tod und Leben rungen; das Leben behielt den Sieg. Es hat den Tod bezwungen.“
Wie in einem Triumphzug ziehen auf alten Gemälden die vom auferstandenen Christus vom Tod Befreiten hinter ihm her in Gottes ewige Herrlichkeit.
Ich schaue diese alten Bilder an und werde mir von neuem gewiss: Ich gehöre mit hinein in diesen österlichen Triumphzug. Auch für mich hat Jesus diesen Sieg errungen. Auch über mich hat darum der Tod nicht das letzte Wort. Ich singe darum gern die alten Osterlieder mit, aber auch neue wie das von Friedrich Dörr: „Wir sind getauft auf Christi Tod und auferweckt mit ihm zu Gott. Uns ist geschenkt sein Heilger Geist, ein Leben, das kein Tod entreißt.“
Vielleicht ist es am Ende ja so, dass das Grab wie eine Eierschale sein wird: Wir warten auf das letzte Osterfest, wo wir dann – von Jesus ins neue Leben gerufen – hineinschlüpfen in Gottes Ewigkeit.
Mit herzlichen Grüßen aus Rabber sage ich „Gott befohlen“,
Ihr
Bernd Reitmayer